Als ich mich neulich gefragt habe, ob ich überhaupt eine Steuererklärung machen muss, hat mich überrascht, wie viele Leute diese Frage haben – und wie oft sich eine freiwillige Abgabe lohnt. Laut Statistischem Bundesamt liegt die durchschnittliche Steuererstattung in Deutschland bei 1.172 Euro pro Steuerjahr (Destatis Statistik zur Steuererklärungspflicht). Außerdem sind rund 26,1 Millionen Arbeitnehmer:innen betroffen, die ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit haben, bei denen bestimmte Regelungen greifen können (Durchschnittliche Steuererstattung Arbeitnehmer).
Diese Zahlen zeigen: Es geht oft um mehr als „nur ein bisschen Papierkram“ – manchmal sind mehrere Hundert bis über tausend Euro drin, wenn man sich auskennt.
Was heißt Abgabepflicht bei der Steuererklärung
Wenn wir von Abgabepflicht sprechen, meinen wir die gesetzlichen Vorgaben, wann jemand verpflichtet ist, seine Steuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Typische Fälle sind Nebeneinkünfte über 410 Euro, mehrere Jobs oder steuerpflichtige Renten. Besonders klar und praxisnah erklärt wird das im Ratgeber zu Steuererklärung Pflicht bei Finanztip.
Das Einkommensteuergesetz unterscheidet dabei zwischen Arbeitnehmer:innen, Selbstständigen, Rentner:innen und besonderen Fallgruppen wie Eltern im Elterngeldbezug oder Personen mit Kapitalerträgen. Während Selbstständige grundsätzlich immer verpflichtet sind, hängt die Pflicht bei Angestellten von zusätzlichen Faktoren ab – etwa wenn man bestimmte Freibeträge beantragt oder eine Steuerklassenkombination gewählt hat, die automatisch eine Erklärungspflicht auslöst.
Häufige Gründe für die Abgabepflicht
Die Pflicht zur Steuererklärung ergibt sich aus verschiedenen Situationen, die auf den ersten Blick gar nicht so offensichtlich wirken. Viele Menschen entdecken ihre Abgabepflicht erst, wenn sie Post vom Finanzamt bekommen. Typische Gründe sind:
- Mehrere Jobs oder Steuerklasse VI: Wer neben seinem Hauptjob noch einen Nebenjob mit Lohnsteuerkarte ausübt, muss eine Steuererklärung abgeben.
- Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld, Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Elterngeld: Diese Leistungen sind zwar steuerfrei, erhöhen aber durch den sogenannten Progressionsvorbehalt den Steuersatz auf das übrige Einkommen.
- Nebeneinkünfte über 410 Euro: Einkünfte aus Vermietung, selbständiger Nebentätigkeit oder Kapitalerträge, für die keine Abgeltungssteuer abgeführt wurde.
- Rentner:innen: Seit der schrittweisen Umstellung auf nachgelagerte Besteuerung sind immer mehr Renten steuerpflichtig. Liegt die Rente über dem Grundfreibetrag, besteht eine Pflicht zur Abgabe.
- Freibeträge: Wer beim Finanzamt Freibeträge auf der Lohnsteuerkarte eingetragen hat, muss in der Regel eine Erklärung abgeben.
Diese Punkte machen deutlich, dass selbst scheinbar einfache Einkommenssituationen zur Pflicht führen können.
Fälle ohne Abgabepflicht
Nicht jede:r muss eine Erklärung abgeben. Wer nur ein Arbeitsverhältnis hat, keine Nebeneinkünfte erzielt und auch keine Freibeträge beantragt hat, ist in der Regel befreit. Auch Rentner:innen mit niedrigen Bezügen oder Personen mit Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags fallen nicht in die Pflicht. Dennoch lohnt es sich, freiwillig eine Erklärung einzureichen – dazu gleich mehr.
Freiwillige Steuererklärung: Warum es sich lohnt
Viele glauben: „Wenn ich nicht muss, dann mache ich auch keine.“ Das ist oft ein Fehler. Denn die meisten Arbeitnehmer:innen, die freiwillig eine Steuererklärung einreichen, erhalten eine Rückzahlung. Es gibt zahlreiche Gründe, warum sich die Mühe lohnt:
- Steuererstattung: Wer höhere Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen hat, als automatisch berücksichtigt werden, kann diese geltend machen.
- Fahrtkosten: Besonders Pendler:innen profitieren von der Entfernungspauschale.
- Doppelte Haushaltsführung: Wer aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze hat, kann die Kosten dafür steuerlich ansetzen.
- Krankheitskosten: Nicht von der Krankenkasse übernommene Kosten können unter Umständen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden.
- Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen: Rechnungen für Reinigungskräfte oder Handwerksarbeiten lassen sich steuerlich abziehen.
Viele Steuerzahler:innen nutzen diese Möglichkeiten nicht – und verschenken damit bares Geld.
Fristen und Zeiträume für die Abgabe
Für die verpflichtende Abgabe gilt in der Regel der 31. Juli des Folgejahres. Wer also für 2024 verpflichtet ist, muss bis zum 31. Juli 2025 abgeben. Wird ein Steuerberater beauftragt, verlängert sich die Frist bis Ende Februar des übernächsten Jahres. Für die freiwillige Abgabe gilt die Vierjahresfrist. Das bedeutet: 2025 kann man noch freiwillig die Steuererklärung für 2021 abgeben.
Wer diese Fristen verpasst, riskiert Verspätungszuschläge, Zwangsgelder oder Schätzungen durch das Finanzamt. Besonders ärgerlich ist, dass man bei freiwilliger Abgabe die Erstattung verliert, wenn die vier Jahre verstrichen sind. Einen Überblick zu allen Details findest du bei den Abgabepflichten und Fristen beim Finanzamt NRW.
Konsequenzen bei verspäteter Abgabe
Das Finanzamt hat in den letzten Jahren die Regeln für verspätete Abgaben verschärft. Wer nach Ablauf der Frist ohne Verlängerungsantrag abgibt, muss mit folgenden Folgen rechnen:
- Verspätungszuschläge: Diese können pro Monat mindestens 25 Euro betragen.
- Zinsen: Ab einer bestimmten Zeit nach der Abgabefrist können auch Nachzahlungszinsen erhoben werden.
- Schätzung der Steuer: Wenn gar nichts eingereicht wird, schätzt das Finanzamt das Einkommen – meist zum Nachteil des Steuerpflichtigen.
Deshalb sollte man Fristen unbedingt im Blick behalten.
Steuererklärung für Arbeitnehmer:innen
Für Arbeitnehmer:innen ist die Steuererklärung meist am einfachsten: Sie müssen im Grunde ihre Lohnsteuerbescheinigung in die Formulare eintragen und können zusätzliche Ausgaben geltend machen. Besonders interessant sind hier Werbungskosten, Pendlerpauschale, Ausgaben für Fortbildungen oder Arbeitsmittel. Wer regelmäßig hohe Kosten in diesen Bereichen hat, sollte unbedingt prüfen, ob er freiwillig eine Erklärung abgeben sollte.
Steuererklärung für Selbstständige
Bei Selbstständigen ist die Abgabe Pflicht. Sie müssen zusätzlich zur Einkommensteuer auch Umsatzsteuererklärungen (sofern nicht Kleinunternehmer) und ggf. Gewerbesteuererklärungen abgeben. Der Aufwand ist größer, aber auch die Gestaltungsmöglichkeiten sind breiter. Selbstständige können nahezu alle betrieblichen Ausgaben steuerlich geltend machen, was die Steuerlast deutlich reduziert.
Steuererklärung für Rentner:innen
Viele Rentner:innen sind überrascht, wenn sie Post vom Finanzamt bekommen. Grund ist die schrittweise Umstellung auf nachgelagerte Besteuerung. Der Anteil der Rente, der versteuert werden muss, steigt mit jedem neuen Rentenjahrgang. Für Neurentner:innen ab 2040 wird die gesamte Rente steuerpflichtig sein. Schon heute müssen viele Rentner:innen eine Erklärung abgeben, wenn ihre Einkünfte über dem Grundfreibetrag liegen.
Steuererklärung bei besonderen Lebenssituationen
Es gibt einige Lebenssituationen, die besondere steuerliche Folgen haben:
- Elternzeit und Elterngeld: Das Elterngeld selbst ist steuerfrei, erhöht aber den Steuersatz.
- Kurzarbeit: Besonders während der Corona-Pandemie haben viele Arbeitnehmer:innen Kurzarbeitergeld erhalten. Auch hier gilt der Progressionsvorbehalt.
- Heirat oder Scheidung: Durch Steuerklassenwechsel können sich Nachzahlungen oder Rückerstattungen ergeben.
- Immobilienbesitz: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung müssen angegeben werden, ebenso wie Veräußerungsgewinne bei Immobilien innerhalb der Spekulationsfrist.
Tipps für die Steuererklärung
Damit die Steuererklärung nicht zur Qual wird, habe ich mir einige Routinen angewöhnt:
- Belege laufend sammeln: Ordner oder digitale Tools helfen, alles direkt zu speichern.
- Steuersoftware nutzen: Programme oder Online-Dienste erleichtern das Ausfüllen und prüfen automatisch auf Plausibilität.
- Checklisten verwenden: So vergisst man keine Werbungskosten oder Sonderausgaben.
- Frühzeitig anfangen: Wer nicht auf den letzten Drücker arbeitet, spart Nerven.
Fazit
Ob du eine Steuererklärung machen musst, hängt stark von deiner individuellen Situation ab. Viele Menschen sind zur Abgabe verpflichtet, ohne es zu wissen. Andere verzichten freiwillig auf mehrere Hundert Euro Erstattung, weil sie glauben, dass sie keine Erklärung brauchen.
Mein Rat: Prüfe jedes Jahr, ob du verpflichtet bist. Und selbst wenn nicht – mach die Steuererklärung trotzdem. Die Chancen auf eine Rückzahlung stehen gut, und mit moderner Software oder Unterstützung ist der Aufwand überschaubar.